Wenn ich mit der Klasse gesundheitsförderlich arbeiten möchte, ist es von Nutzen für mich, wenn ich weiß,

  • wie es allgemein um die gesundheitliche Situation der Kinder und Jugendlichen bestellt ist.

Diese Kenntnis hilft mir, die Situation meiner Klasse(n) besser einschätzen und beurteilen zu können. Diese Information enthält möglicherweise Hinweise auf gesundheitliche Beeinträchtigungen, an die ich bislang noch nicht gedacht habe. Ich kann sie in meine Überlegungen zur gesundheitsgerechten Gestaltung des Unterrichts und bei der Auswahl gesundheitsbezogener Themen berücksichtigen.

  • in wieweit sich Kinder und Jugendliche schon gesundheitsgerecht verhalten und sich selbst als gesund einschätzen.

Wenn ich hierüber mehr weiß, bieten sich mir günstigere Ansatzpunkte für gesundheitsförderliche Massnahme. Ich kann an vorhandene Gesundheitsressourcen der Schülerinnen und Schüler anknüpfen, sie bestärken und ihnen Gelegenheit bieten, ihre "Gesundheitsquellen" weiter zu entwickeln. Ebenso hilft mir die Kenntnis über ihre gesundheitsbezogene Selbsteinschätzung, einen günstigen Zugang zur Bearbeitung gesundheitsrelevanter Themen zu finden,

  • welche weiteren wichtigen salutogenen Faktoren im Leben der Kinder und Jugendlichen neben den Faktoren des Gesundheitsverhaltens sind.

Wenn ich Kenntnisse von diesen Faktoren habe, kann ich gezielter prüfen, inwieweit sie bei meinen Schülerinnen und Schülern schon vorhanden sind und meine gesundheitsfördernden Massnahme darauf abstellen.

  • wie Kinder und Jugendliche Schule unter gesundheitsbezogenen Gesichtspunkten wahrnehmen

Kenntnisse hierüber sind wichtig, wenn ich nicht nur im Unterricht "Gesundheitsthemen" abhandeln will, sondern die Themen auch auf die unterrichtliche Situation und das Schulleben beziehen will. Wenn ich also nicht nur Möglichkeiten schaffen will, dass etwas über Gesundheit gelernt werden kann, sondern dass auch gesund gelernt werden kann. So vorzugehen erscheint in vielen Fällen der sinnvollste Weg zu sein. Ein Unterricht, der seine Bedingungen nicht mit reflektiert, wird in den Augen der Kinder und Jugendlichen unglaubwürdig. Aus Sicht der Schülerinnen und Schüler kann es sonst absurd erscheinen, wenn ich gesundheitsbezogene Themen unterrichte, die Bedingungen des Unterrichts, seine methodische und didaktische Aufbereitung und die räumlichen und sächlichen Voraussetzungen dem aber entgegenstehen und ich sie nicht thematisiere. Wie sinnvoll und glaubwürdig kann ich z.B. gesunde Ernährung unterrichten, wenn ich kein Wort über die unzureichende Pausenverpflegung an der Schule verliere?

  • welche Vorstellungen Kinder und Jugendliche von Gesundheit haben und welche Werte sie mit ihr verbinden

Wenn ich weiß, welche Konzepte sie üblicherweise von Gesundheit haben, kann ich besser verstehen und einschätzen, was die Schülerinnen und Schüler meiner Klasse mit Gesundheit verbinden und welche Bedeutung Gesundheit für sie hat. Ich kann meine Vorhaben besser mit ihren Wünschen, Zielen und Werten in Einklang bringen. Ohne Berücksichtigung ihrer "naiven" Vorstellungen ist die Gefahr groß, dass meine Bemühungen folgenlos an ihnen vorübergehen.

  • welche gesellschaftlichen, kulturellen und jugendtypischen Konstellationen für die gesundheitliche Situation der Kinder und Jugendlichen von Bedeutung sind

Kenntnisse hierüber verhelfen mir zu einer tieferen Einsicht und zu einem umfassenderen Verständnis der gesundheitlichen Situation der Kinder und Jugendlichen. Sie schützen mich vor voreiligen und möglicherweise einseitigen Schlüssen und Schuldzuweisungen.

Ulrich Barkholz, Georg Israel, Peter Paulus, Norbert Posse: Gesundheitsförderung in der Schule. - Ein Handbuch für Lehrerinnen und Lehrer. Landesinstitut für Schule und Weiterbildung, Soest 1997.