Unter Berücksichtigung des Erziehungs- und Bildungsauftrags von Schule ergibt sich für die schulische Sicherheitsförderung folgende Zielsetzung: Schülerinnen und Schüler, aber auch Lehrkräfte und nicht unterrichtendes Schulpersonal zu befähigen, informiert und kompetent eine Wahl für ihre Sicherheit zu treffen.

Sicherzustellen, dass Schule ein Umfeld ist, das eine solche der Sicherheit dienliche Wahl ermöglicht und die Anfälligkeit für Sicherheitsprobleme vermindert. Diese umfassende Zielsetzung ist letztendlich nur zu erreichen, wenn Sicherheitsförderung als übergreifende Aufgabe sowohl integrativ im Unterricht der einzelnen Fächer als auch im Schulleben und Schulalltag verankert wird. Die unterrichtsübergreifende Verankerung ist erforderlich, weil Lernen und Lehren nicht nur im Unterricht stattfindet, sondern im ganzen Schulhaus, auf dem Schulhof, im Zusammenleben mit den Mitschülerinnen und Mitschülern und mit den Lehrerinnen und Lehrern. Nachhaltige und umfassende Sicherheitsförderung muss demzufolge immer als sicherheitsförderliche Schulentwicklung angelegt sein und damit den Kriterien und Bedingungen von Schulentwicklungsprozessen entsprechen:

Sicherheitsförderung muss sich auf das gesamte System Schule beziehen, wobei einzelne Problemstellungen, die von der jeweiligen Schule bzw. den an ihr tätigen Personen selbst identifiziert werden müssen, als Anlass für Umgestaltungen, d.h. als Einstiegs- und Ankerpunkte für sicherheitsfördernde Prozesse dienen können. Demzufolge sind neben der Umsetzung sicherheitsfördernder Maßnahmen in den Schulen, z.B. Schulhofgestaltung, Umgang mit Gefahrstoffen, psychomotorisches Bewegungstraining usw., die Verbreitung des Gedankens der Sicherheitsförderung in den Kollegien und die Institutionalisierung der schulischen Arbeit im Sinne sicherheits- und gesundheitsförderlicher Schulentwicklung erforderlich. Letzteresumfasst nicht nur die Aufrechterhaltung von begonnenen Maßnahmen, sondern vorrangig ein fortlaufendes Überdenken und innovatives Umgestalten der Schule.

Zu diesem Zweck sollten systemeigene Kräfte aktiviert und ein Entwicklungsprozess mit dem Ziel der Selbstorganisation angeregt werden. Sicherheitsförderung als Bestandteil der Schulentwicklung erfordert die aktive Mitarbeit des gesamten Kollegiums und der Schulleitung. Externe Institutionen, wie z.B. die Träger der gesetzlichen Schüler-Unfallversicherung, erhalten in diesem Prozess die Aufgabe der Sensibilisierung, Information, Beratung, Unterstützung und Begleitung in den unterschiedlichsten Formen.

Sicherheitsförderung als Bestandteil von Schulentwicklung muss darüber hinaus auch die Säulen der Schulentwicklung berücksichtigen. Dies sind Ausstattungs-, Personal-, Unterrichts- und Organisationsentwicklung.

Personalentwicklung umfasst die Felder fachlich didaktisches Handlungsrepertoire der Lehrkräfte, Forschung und Selbstbeurteilung, Reflexion und Feedback sowie Zusammenarbeit und Arbeitsteilung. Unter dem Begriff der Unterrichtsentwicklung sind Aspekte zu fassen wie Schülerorientierung, überfachliches Lernen, Methodentraining, Selbstlernteams, erweiterte Unterrichtsformen und Lernkultur.

Ziel der Organisationsentwicklung im Schulbereich ist die Schaffung einer so genannten lernenden Schule, d.h. einer Schule, in der Lehrerinnen und Lehrer durch praktisches Tun ihren Arbeitsalltag und die Schule so verändern, dass sie zufriedener und erfolgreicher unterrichten sowie Schülerinnen und Schüler zufriedener und erfolgreicher lernen. Als weitere Säule wird in der Literatur die Ausstattungsentwicklung genannt. Hierbei geht es nicht nur um den Wert von Geräten, sondern auch um die Einrichtung und Gestaltung von Räumlichkeiten (vgl.: Petze, Thomas: GimS. Gesundheitsförderung in und mit Schulen. S. 52ff.).

Die Realisierung der Ziele erfordert zielgruppenspezifische Maßnahmen und Aktivitäten, die inhaltlich und idealtypisch fünf Handlungsfeldern zugeordnet werden können.
Zwischen diesen Handlungsfeldern bestehen zahlreiche Überschneidungen und Interdependenzen:

  • Bau und Einrichtung: Schulgebäude, Klassenräume, Schulgelände, Ergonomie, Sporthalle, Sportgeräte etc.
  • Organisation und Organisationsentwicklung: Schulklima, Pausenordnung, Schulprogramm, Sicherheitsorganisation, Kommunikation, Rhythmisierung von Unterricht usw.
  • Bildung: Unterrichtsinhalte, Planung und Durchführung von Unterricht, Erste Hilfe usw.
  • Erziehung: Gewaltprävention, Teamfähigkeit, Selbstverantwortung, Selbstreflexion usw.
  •  Politik und Rahmenbedingungen: Regelungen und Gesetze, Lehrpläne und Richtlinien, Elternarbeit, Netzwerkbildung, Kooperation, Öffentlichkeitsarbeit usw.

Die Übersicht der Handlungsfelder und vor allem die Themenbeispiele zeigen, dass es zahlreiche Schnittstellen und Vernetzungsmöglichkeiten mit anderen Themenbereichen der Gesundheitsförderung und mit anderen Fächer übergreifenden Erziehungsaufgaben wie z.B. Umwelterziehung, Verkehrserziehung oder Bewegungserziehung gibt. Für die praktische Arbeit ergibt sich daraus die Notwendigkeit der Kooperation mit Institutionen, die sich nicht oder nicht primär mit Fragen der Sicherheit beschäftigen.