Nach Rudow(1) besteht internationaler Konsens darüber, dass bei Lehrerinnen und Lehrern gehäuft psychosomatische und psychische Störungen auftreten und damit ein erhöhter Krankenstand zu verzeichnen ist. Vermehrt werden bei ihnen Ängste, Depressionen und neurotisch-funktionelle Störungen und Burnout-Symptome diagnostiziert.

Was ist mit "Burn-Out" gemeint?

"In unserer Gesellschaft leiden immer mehr Menschen an "Burnout", vor allem solche, die in helfenden Berufen tätig sind. In den letzten Jahren ist dem Phänomen auch im Lehrberuf vermehrt Beachtung geschenkt worden. Mit dem Begriff Burnout werden in der psychologischen Literatur vorrangig negative Folgen von Arbeitsbeanspruchungen psychosozialer Berufsgruppen thematisiert. Der Begriff stammt aus der klinischen Psychologie und beschreibt ein Phänomen, bei dem aufopferungsvolle, pflichtbewusste und ehemals besonders engagierte Menschen beginnen, körperliche Symptome von Erschöpfung und Müdigkeit zu zeigen. Vormals engagierte Menschen werden reizbar, misstrauisch, halsstarrig, entwickeln eine negative und zynische Einstellung zu ihrer Arbeit und den Mitmenschen, was zugleich mit einer depressiven Symptomatik einhergeht."(2)

Wie Flaake(3) in einer Untersuchung von Haupt- und Gymnasiallehrerinnen und -lehrern nachweisen konnte, sind es überwiegend Lehrerinnen, die sich in besonderem Maße gesundheitlich beansprucht fühlen.

Für die neuen Bundesländer konnte nachgewiesen werden, dass von 10.000 Lehrpersonen pro Jahr 403 psychisch erkranken (im Bevölkerungsvergleich sind es nur 283). So ist z.B. das relative Erkrankungsrisiko für neurotische Störungen bei männlichen Lehrkräften um das sechsfache gegenüber der Bevölkerung erhöht. Dieses Risiko nimmt mit dem Alter zu. Die Zunahme trifft auch für Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems zu. Bedeutsam ist auch, dass sich Lehrerinnen dem erhöhten Risiko der Lehrer immer mehr annähern. Dieser Trend zeigt sich vor allem bei den jüngeren Lehrerinnen.(4)

Daneben ist die Suchtproblematik der Lehrkräfte nicht unerheblich. Zieht man Vergleichszahlen aus der betrieblichen Suchtprävention und aus den wenigen Untersuchungen z.B. zum Alkoholkonsum und -missbrauch der Lehrkräfte heran, dann muss man davon ausgehen, dass ca. 5 Prozent der knapp 700000 Lehrkräfte der Bundesrepublik alkoholkrank sind und etwa doppelt so viel als alkoholgefährdet gelten müssen. Umgerechnet auf die Kollegien bedeutet dies, dass - statistisch gesehen - jeweils eine Lehrkraft betroffen ist.(5)

Kennzeichnend für Lehrkräfte ist darüber hinaus eine hohe Rate an gesundheitlich bedingten Frühpensionierungen. Sie liegt in den Ländern Hessen, Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz zwischen 40 und knapp 50 Prozent.(6) Sie übersteigt deutlich die Rate der Frühpensionierungen z.B. bei Beamten der Verwaltung bis zur vorgezogenen Altersgrenze von 62 Jahren, wie Daten aus Nordrhein-Westfalen zeigen.(7)
Anmerkungen

(1) vgl. Rudow, B. (1994). Die Arbeit des Lehrers. Zur Psychologie der Lehrertätigkeit, Lehrerbelastung und Lehrergesundheit. Bern: Huber, S. 9

(2) Kramis-Aebischer, K. (1995). Stress, Belastungen und Belastungsverarbeitung im Lehrberuf. Bern: Haupt, S. 42

(3) Flaake, K. (1989). Berufliche Orientierungen von Lehrerinnen und Lehrern. Eine empirische Untersuchung. Frankfurt: Campus

(4) Leuschner, G. & Schirmer, F. (1993). Lehrergesundheit aus medizinischer Sicht. Pädagogik, 45(1), 6-8

(5) Tasseit, S. (1994). Zum Wohl, Herr Lehrer. Wer ist zuständig für alkoholgefährdete Lehrer? Sucht-Report, 6, 48-51

(6) vgl. Rudow, B. (1994). Die Arbeit des Lehrers. Zur Psychologie der Lehrertätigkeit, Lehrerbelastung und Lehrergesundheit. Bern: Huber

(7) Quentin, G. (1994). Gesunde Schulen - kranke Lehrer(innen)? Pädagogisches Forum, S 6-8

Ulrich Barkholz, Georg Israel, Peter Paulus, Norbert Posse: Gesundheitsförderung in der Schule. - Ein Handbuch für Lehrerinnen und Lehrer. Landesinstitut für Schule und Weiterbildung, Soest 1997.