Hinderliche und förderliche Bedingungen des Gesundheitshandelns erfassen

  • Vorverständnisse zum Thema offen lege
  • Inhaltlichen Rahmen durch Kurzinformation abstecken (Einstimmung)
  • Kritische Stichworte sammeln und ordnen
  • Visualisierung der Kritik
  • Reflexion und Bündelung der Visualisierungen im Plenum
  • Vorbereitung des Schrittes "Utopie" durch Positiv-Wandlung der kritischen Aussage

Diese Phase sollte den Teilnehmenden Klarheit in Bezug auf ihre gesundheitliche Situation in der Schule verschaffen, ihnen hinderliche und förderliche Bedingungen für ihre Gesundheit bewusst machen und die Aufmerksamkeit auf einen ersten zentralen Problemaspekt lenken.

Sprichworte zum Thema "Arbeit und Gesundheit": Zustimmung oder Ablehnung?

Als Einstieg in die Auseinandersetzung mit dem Thema "Belastungswandel an meinem Arbeitsplatz Schule - Perspektiven für unsere Gesundheit im Jahre 2000" verteilten die Moderatoren bei Tagungsbeginn Sprichworte zum Thema Arbeit und Gesundheit. Die Teilnehmenden wurden gebeten, sich jeweils ein Sprichwort auszuwählen, das sie gut fanden oder ablehnten. Nach einem lebhaften Austausch über die jeweiligen Einschätzungen und Beurteilungen schloss sich zwanglos ein Kurzreferat über das Gesundheitsverständnis der Ottawa-Charter an, worin der Zusammenhang von Gesundheit als körperlichem, psychischem und sozialem Wohlbefinden hergestellt werden konnte. Nach dieser Einstimmung in das Thema wurden die Teilnehmenden gebeten, auf Karten kritische Stichworte zu den Fragen zu formulieren:

  • Was stresst mich
  • Was ärgert mich?
  • Was macht mir Schwierigkeiten in meinem Arbeitsalltag?

Die Stichworte wurden nach Zusammengehörigkeit sortiert und folgenden Belastungsfaktoren zugeordnet:

  • Arbeitszeitverlängerung
  • Schlechtes Schulklima
  • Belastende Schulorganisation
  • Schüler- Eltern-Lehrer-Verhältnis

Während des Sortierens und Findens von Überschriften und Rubriken für die Kritikpunkte wurden sich die Teilnehmenden zunehmend gemeinsam bewusst, welchen komplexen Belastungen sie gemeinsam ausgesetzt waren. Es kam zu einem angeregten Meinungsaustausch darüber.

Belastungsfaktoren in gemalten Bildern visualisieren

Danach bildeten die Teilnehmenden nach Interessen Arbeitsgruppen zu den verschiedenen Belastungsfaktoren. Die Arbeitsgruppen bekamen den Auftrag, die unter ihrer Rubrik gesammelten Stichworte in ein kritisches, gemaltes Bild umzusetzen. Die gesammelten Stichworte und die dafür gefundenen Rubriken bildeten die Grundlage dafür. Es entstanden gemeinsam erarbeitete Produkte, in denen die als bedeutsam empfundenen Belastungsfaktoren dargestellt wurden. Beispielhaft sollen die zwei Gruppenergebnisse vorgestellt werden: "Belastende Schulorganisation" und "Belastendes Schüler-Eltern-Lehrer-Verhalten"

Belastende Schulorganisation: Das in der Gruppe entstandene Bild zeigte einen kurvigen langen Weg durch die Schule und über das Schulgrundstück. Offenbar wurde die Schule als zu groß, zu weitläufig und unübersichtlich empfunden. Auf den geschwungenen, langen Wegen hetzen mit Lehrmitteln behängte Kolleginnen und Kollegen ihren Verpflichtungen nach. Neben dem Lehrerzimmer eine lange Mängelliste. Der Lehrmittelraum ist unzugänglich, mit einem überdimensionalen Schloss versperrt.

Belastendes Schüler - Eltern - Lehrer - Verhalten: Das Bild der Gruppe zeigte einen Klassenraum und in dessen Mittelpunkt den / die durch Lärm, Aggressivität und Unruhe überlasteten, gestresste/n Lehrer / Lehrerin. Blitze der Aggressivität zuckten durch den Raum, Tische und Stühle sind umgeworfen und symbolisierten Gewalt. Der Fernsehapparat mit einer Pistole auf dem Bildschirm und dem Blut, das aus dem Gerät bis ins Klassenzimmer hinein tropfte, wies auf eine der Ursachen für die Belastungen im Klassenverband hin. Die Lehrkraft, im Mittelpunkt dieses Bildes, strampelte sich scheinbar vergebens ab und gab seine Gesundheit dabei auf, symbolisiert durch ein Magengeschwür.

Auswertung im Plenum: Unsere Belastungssituationen

Die Arbeiten wurden im Plenum vorgestellt und unter der Fragestellung diskutiert: "Bilder unserer Belastungssituationen - So nehmen wir sie selbst wahr, so sehen sie die anderen." Dabei beschrieben die Teilnehmenden ihre persönlichen Schwierigkeiten und Belastungen genauer, stellten kritische Fragen und diskutierten die Kritikpunkte lebhaft. Die Überzeichnungen in den produzierten Bildern führten dazu, dass Themen, die im Schulalltag umgangen werden, auf den Tisch kamen. So kam z.B. das Problem der unzumutbaren Belastung einer Kollegin zur Sprache - was in der Gesamtgruppe grosse Betroffenheit und die Bereitschaft auslöste, sie in Zukunft besser zu unterstützen.

Aus negativ wird positiv: Überschriften finden und ins Gegenteil verkehren

Nun ging es darum, in Gruppen Sätze als Überschriften für die Bilder finden zu lassen und diese Sätze dann in ihr Gegenteil zu verkehren. Nun lag die Problemsituation der Schule in Sätzen verdichtet vor. Dabei beschrieben die negativen Sätze Tendenzen, welche die Gesundheit der Kolleginnen und Kollegen beeinträchtigen, die positiven dagegen Tendenzen, die körperliches, psychisches und soziales Wohlbefinden fördern können:

negativpositiv
Hektik und Stimmengewirr führen zu Überlastung     Vorhandene Zeit genießen, zuhören und entspannt miteinander reden
Lehrkräfte stehen der Gewalt und dem Konzentrationsmangel der Kinder immer häufiger hilflos gegenüberLehrkräfte unterstützen den friedlichen Umgang und die Lernbereitschaft der Schülerinnen und Schüler
Die Grösse der Schule führt zu Barrieren und Beschränkungen. Durch bessere Informations- und Entscheidungsstrukturen können die Nachteile der "Mammut-Schule" verringert werden

 Erträge

In dieser zweiten Arbeitsphase haben sich die Teilnehmenden gemeinsam mit anderen ein höheres Maß an Klarheit in Bezug auf ihre gesundheitliche Situation in der Schule verschafft und hinderliche sowie förderliche Bedingungen für die Verbesserung ihres körperlichen, psychischen und sozialen Wohlbefindens identifiziert. Hinweis: Die Einschränkung des Vorgehens auf einen zentralen Problemaspekt findet im Rahmen der Gesundheitswerkstatt erst zu einem späteren Zeitpunkt statt.

Walter Kamps in: Ulrich Barkholz u.a.: Gesundheitsförderung in der Schule. Ein Handbuch für Lehrerinnen und Lehrer. Soest 1998.