Mit der Ratifizierung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen im März 2009 hat die Bundesrepublik Deutschland ein rechtsverbindliches Bekenntnis zu einem „inklusiven Bildungssystem“ abgegeben. Die Vertragsstaaten verpflichten sich, in der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen einem eigens eingerichteten Ausschuss regelmäßig zum Stand der Umsetzung zu berichten. Die UN verleiht der Umsetzung der Konvention durch diese öffentliche Form des Hinschauens zusätzliches Gewicht.

Obwohl die Konvention ein weltweit ausgerichtetes Dokument ist, wird gerade im europäischen Vergleich doch deutlich, dass die Vehemenz, mit der um die Zielrichtung „der Ausgestaltung eines inklusiven Bildungssystems“ gerungen wird, in Deutschland eine besondere Bedeutung hat. Sicherlich hat dies auch mit der Tradition des deutschen Bildungssystems zu tun, das sich im Laufe der Geschichte, im Gegensatz zur Entwicklung schulischer Systeme in anderen europäischen Ländern, sehr vielfältig und gegliedert aufgebaut hat.

Parallel zu den allgemeinen Schulen hat sich ein ausdifferenziertes System der Förderschulen mit unterschiedlichsten Förderschwerpunkten und Bildungsgängen ausgestaltet. Getrennter Unterricht ist grundsätzlicher Standard, abgesehen von den sich langsam aber stetig entwickelnden Bemühungen um den Ausbau des Gemeinsamen Unterrichts für Schülerinnen und Schüler mit und ohne Behinderung seit Mitte der 1980-er Jahre. Die Kultusministerkonferenz (KMK) hat das Thema schon frühzeitig aufgegriffen und sowohl intern als auch öffentlich diskutiert. Mit der intensiven Auseinandersetzung auf der Fachtagung der KMK im Juni 2010 erfolgte ein erstes gemeinsames Bekenntnis aller Länder zur „schulischen Inklusion“. Die Zielrichtung, die Bildungssysteme inklusiv auszurichten, wird als langfristiger Prozess beschrieben, der aufbauend auf den jeweiligen Strukturen in den Bundesländern die Verschiedenheit der schulischen Lernorte als Schritte auf diesem Weg beschreibt. Seit Ende letzten Jahres hat die KMK ihren Diskussionsstand als gemeinsames Positionspapier aller Länder veröffentlicht.