Ausgangslage:

Die Schule hat sich entschlossen, eine Veränderung in Richtung auf eine Gesundheitsfördernde Schule anzugehen. Hierzu wurde eine Arbeitsgruppe installiert, die die folgenden Schritte vorbereitet.

Ziele:

Am Ende dieser Phase sollte die Gruppe

  • wissen, welche Versuche in Richtung auf die Themenbearbeitung bislang im Kollegium unternommen wurden;
  • wissen, mit welchem Erfolg diese Versuche durchgeführt wurden;
  • Hypothesen über das Gelingen/Misslingen formuliert haben;
  • Klarheit darüber besitzen, welche Ressourcen innerhalb der Gruppe und außerhalb der Gruppe in der Schule existieren;
  • Informationen darüber haben, welche Bedürfnisse und Erwartungen bei den Beteiligten aller relevanten Personengruppen inner- und außerhalb der Schule bestehen;
  • darüber informiert sein, ob es außerhalb der Schule Unterstützungsmöglichkeiten gibt;
  • eine erste Einschätzung der Situation bezüglich des Gesundheitsthemas innerhalb der Schule (Kollegium, Schüler, Eltern) vorgenommen haben;
  • die Stärken und Schwächen der Schule bezüglich des Themas genau kennen;
  • eine Beschreibung der Hindernisse und Schwierigkeiten zur Zielerreichung vorgenommen haben;
  • sich für die weitere Planung auf einzelne Problemaspekte zur Bearbeitung entschieden haben.

Umfassende Bedürfnis- und Erwartungsanalyse unter Beteiligung aller relevanten Personengruppen in und außerhalb der Schule

Dieser Schritt bildet ein Kernelement in der Entwicklung der Gesundheitsfördernden Schule.
Nur mit einer umfassenden, von allen Beteiligtengruppen mit getragenen Bedürfnis- und Erwartungsanalyse lässt sich ein gsundheitsbezogener Schulentwicklungsprozess initiieren und dauerhaft festigen.
Für diese Einschätzung sprechen vor allem drei Gründe:

  • Wenn alle ihre Erfahrungen beisteuern können, liefert eine solche Analyse Daten, die eine größere Aussagekraft besitzen, als die, die aufgrund unsystematischer Beobachtungen und Schlussfolgerungen zustande kommen;
  • Wenn sich alle beteiligen können, ist es nicht so leicht möglich, dass sich Partikularinteressen durchsetzen können, die die Erwartungen der anderen Beteiligten enttäuschen könnten;
  • Wenn sich alle zu Wort melden können, ist die Gefahr gering, dass die Gesundheitserziehung und -förderung von den Kolleginnen und Kollegen auf die Mitglieder des Schulprojektteams reduziert wird und die Gesundheitsfördernde Schule damit wieder auf den Status einer Schule zurückfällt, in der Gesundheitsförderung bzw. -erziehung von nur einigen Kolleg(inn)en betrieben wird.


Zur Methodik solcher Analysen können hier nur Anregungen gegeben werden. Jede Schule wird angesichts ihrer spezifischen schulischen Bedingungen und Erfahrungen jeweils eigene Wege einschlagen. Auf eine einfache Möglichkeit soll hier kurz hingewiesen werden.
Jede(r) Befragte(r) soll in einem Vier-Felder-Schema zu vier Fragen bezüglich der eigenen gesundheitlichen Situation in der Schule Stellung nehmen.

 

Meine Schule
Was fehlt mir an meiner Schule?Was ist gut so, was kann so bleiben?
Was gibt es noch zu wenig, wovon könnte es mehr geben?Was stört, beeinträchtigt mich, was ist mir zu viel?


Mit diesem Vorschlag soll deutlich werden, dass diese Analysen nicht als Instrumente einer methodisch versierten Gesundheitsberichterstattung verstanden werden sollen.
Diesen Anspruch haben sie nicht. Sie sollen vielmehr etwas von den drängenden gesundheitsbezogenen Problemen zur Sprache bringen, die die Personen an der Schule haben.
Darüber hinaus sollen solche Analysen bewirken, dass sich alle Personen aktiv beteiligen und sich bei ihnen "Ich-Involviertheit" und "Eigentümerschaft" am Prozess der Gesundheitsfördernden Schule einstellt.

 

Klarheit über bisherige Aktivitäten schaffen

Da das Thema Gesundheit vielfältige Bezüge zu den verschiedenen Unterrichtsfächern, aber auch zu allgemeinen Aspekten des Schullebens aufweist, werden in der Geschichte einer Schule bereits unterschiedliche Berührungen mit dieser Thematik gemacht worden sein.
Sei es, dass einzelne Kolleg(inn)en in ihren Fächern entsprechende Themen behandelt haben (in den "traditionellen Gesundheitsfächern" wie Sport, Biologie, Sozialwissenschaften oder auch in anderen Fächern wie Geschichte [Gesundheit früher und heute], Religion [Umgang mit sich selbst], Kunst [Werbung], Erdkunde [Lebenserwartungen in verschiedenen Ländern] o.ä.), oder dass fächerübergreifende Aktionen durchgeführt wurden wie beispielsweise Aktionen der Beratungslehrer(innen) zur Reduktion von Stress oder gesundes Schulfrühstück, Initiativen zur Drogen- und Suchtprophylaxe usw.
Für das weitere Gelingen ist eine sorgfältige Analyse der einzelnen Aktionen sinnvoll, insbesondere unter der Fragestellung, welche Effekte geblieben sind und in die Schulkultur übernommen wurden und was nach kurzer Zeit wieder aus dem Schulleben verschwunden ist.
Auch Informationen über vergebliche Versuche können von Nutzen sein, wenn es gelingt herauszufinden, wodurch diese Versuche blockiert wurden (etwa eine Initiative zur Reduktion von Hausaufgaben seitens der Schülerinnen und Schüler).
Nach der Bedürfnis- und Erwartungsanalyse ist dies der nächste wichtige Schritt für die Schulen. Wenn die Schulen wissen, was sie "brauchen", macht es für sie Sinn zu überprüfen, ob sie nicht schon einiges in dieser Richtung "unternehmen", schon durchgeführt haben oder planen.
Diese Inventur klärt auch, ob das, was in der Schule zurzeit an Aktivitäten geschieht, die aktuellen Bedürfnisse und Erwartungen befriedigen kann.
Vergleichbar dem Vorgehen der Bedürfnisanalyse können Befragte in einem Vier-Felder-Schema zu vier Fragen Stellung nehmen, die den Bestand an Aktivitäten, Initiativen etc. an der eigenen Schule betreffen.

 

Meine Schule
Was gibt es an meiner Schule, was tun wir schon in "Sachen Gesundheit"?Was tue ich?
Was schlage ich vor?Was habe ich schon versucht?

Hypothesen über Gelingen/Misslingen aufstellen

Während in dem vorangegangenen Schritt lediglich die "Fakten" über das Gelingen oder Misslingen einzelner Versuche der Einführung gesundheitsrelevanter Themen aufgelistet wurden, geht es hier darum, sich ein genaueres Bild über Ursache-Wirkungs- bzw. Vernetzungszusammenhänge zu machen. Die Frage, die nach diesem Schritt beantwortet sein sollte, ist die Frage nach den systembedingten Zusammenhängen für das Fördern oder Behindern von Veränderungszielen.
Aus diesen Antworten lassen sich die Strategien ableiten, die für ein neues Unternehmen mehr Erfolg versprechen. Sie liefern auch die Ansatzpunkte für eine gezielte Einflussnahme auf die Veränderungsfaktoren.
Dieser Schritt gelingt in der Regel nur, wenn die Entwicklung der Überlegungen sichtbar gemacht werden, z.B. indem sie auf Wandzeitungen oder Tafelbildern für die verschiedenen Beteiligten nachvollziehbar visualisiert werden.
Hilfreich können hierbei Methoden wie das Mind-Mapping oder die Darstellung von vernetzten (systemischen) Szenarien sein.

Klarheit über Ressourcen schaffen

Aus einer Analyse der früheren Bedingungen lassen sich Anforderungen für die Zukunft ableiten. Hier stehen im Mittelpunkt die Handlungsmöglichkeiten, die innerhalb der Arbeitsgruppe vorhanden sind und mit deren Hilfe die zukünftig auftretenden Schwierigkeiten überwunden werden können.
Diese Ressourcen liegen nicht nur im personalen Bereich, also bei den Fähigkeiten und Fertigkeiten der einzelnen Gruppenmitglieder ("wer kann was?"), sondern auch im sachlichen Bereich, etwa bei vorliegenden Materialien, Informationen usw. Je größer die Zahl an Ressourcen ist, mit denen eine Gruppe arbeiten kann, desto größer ist ihre Erfolgsaussicht.
Es sind aber auch Ressourcen denkbar, die zurzeit noch nicht vorhanden sind, aber in Zukunft erworben werden können, beispielsweise Moderationsfertigkeiten. In Bezug hierauf muss sich die Gruppe klar werden, welche Defizite noch bestehen (s.u.) und inwieweit diese aus eigener Kraft der Gruppe behoben werden können.
Ein weiterer, nicht zu unterschätzender Neben-Effekt tritt auf, wenn sich Menschen untereinander über ihre Möglichkeiten und Grenzen öffnen: Sie lernen sich besser untereinander kennen, sind in der Lage, sich besser einzuschätzen und erhalten auf diesem Wege Rückmeldungen über die eigene Person, was ansonsten im Schulalltag oft zu kurz kommt. Dadurch wird die Solidarität innerhalb der Gruppe gestärkt.
Für die Bearbeitung dieses Schrittes ist eine Gruppe von Personen einem einzelnen gegenüber immer im Vorteil. Sie kann mit Hilfe einer Kartenabfrage Informationen zusammentragen und strukturieren.
Sollten einzelne Mitglieder innerhalb des Kollegiums über die Ressourcen befragt werden, kommen manchmal die persönlichen Einschätzungen über den jeweils anderen zur Sprache. Hier ist es sinnvoll, sich die Regeln für ein Feed-back anzusehen.

(Externe) Unterstützung klären

Die Gesundheitsfördernde Schule wird den Wandel ihrer Schule nicht nur mit eigenen Kräften vollziehen können. Sie braucht Unterstützung, vor allem materieller, informationeller und finanzieller Art von außen.
In der Regel ergeben sich solche Hilfestellungen durch Kooperationen, die die Schule bei der Durchführung ihrer Projekte mit ihren Partnern eingeht. Trotzdem kann es sinnvoll sein, ein Komitee zu gründen bzw. den Förderverein der Schule einzubinden und darüber hinaus Unterstützung zu organisieren.
So ist es in Bezug auf viele organisatorische Fragen sinnvoll, den Träger (Kommune, privater Träger, ...) und die Schulaufsicht zu informieren, in welche Richtung sich die Schule weiterentwickeln wird. Wenn es gelingt, deutlich zu machen, dass hier Veränderungen im Sinne der in den ersten zwei Kapiteln angesprochenen Ziele zum Wohle der Kinder und Jugendlichen und im Interesse der gesamten Schulgemeinde, letztendlich der Gesellschaft angestrebt werden, werden die externen Gruppen ihre Unterstützung nicht versagen.
Eine zweite Gruppe von Personen und Institutionen ist für eine Veränderung in Richtung auf eine Gesundheitsfördernde Schule hilfreich und zwar externe Fachleute und Organisationen, die sich mit den entsprechenden Themen beschäftigen.
Hier ist nicht nur Know-how abrufbar, sondern hier stehen oft auch finanzielle Mittel zur Verfügung, die die Schule aus öffentlichen Töpfen nicht erhalten kann.
Denkbar sind Kontakte zu Gesundheitsamt, Jugendamt, örtliche Krankenkassen, Beratungsstellen, Vereinen usw.

Ein "Gesundheitsplenum" einrichten

Zur Auswertung der Bedürfnis-, Erwartungs- und Bestandsanalysen ist es sinnvoll, in der Schule eine Institution zu haben, an der alle Beteiligten-Gruppen die Ergebnisse gleichberechtigt diskutieren und einvernehmlich beschließen können, welche Konsequenzen mit welchen Prioritäten aus ihnen gezogen werden sollen.
Hierzu bietet sich ein "Runder Tisch Gesundheit" bzw. ein "Gesundheits-Plenum" an, dessen Einrichtung von der Schulkonferenz beschlossen werden sollte.

Erste gemeinsame Situationseinschätzung durchführen

Nach der Klärung der Situationsbedingungen, der vorhandenen und fehlenden Möglichkeiten innerhalb der Gruppe ist es für die Situationsanalyse sinnvoll, eine solche Beschreibung durch die verschiedenen Gruppierungen innerhalb der Schule vornehmen zu lassen.
Gerade was die Wahrnehmung von Schwierigkeiten angeht, können individuelle Blockaden ein ganzes System ins Stocken bringen, wenn sie nicht gehört und ernst genommen werden.
Für die Ausdehnung der Analyse über die Arbeitsgruppe hinaus spricht auch, dass alle an der Schule beteiligten Personen von zukünftigen Veränderungen betroffen sind und somit das Recht haben, auch mit ihren Vorstellungen und Ideen einbezogen zu werden. Schulentwicklung ist letztendlich immer auch Entwicklung aller Mitglieder des Systems Schule.
Die Einschätzung einer Schul-Situation sollte nie ausschließlich die Schwierigkeiten, Probleme, Defizite und Schwächen thematisieren, sonder immer auch die Stärken der Schule.
Die meisten, in der Literatur genannten Methoden lassen sich entsprechend entwickeln, anpassen und einsetzen.

  • Fragebogen
  • Selbstuntersuchung
  • Der fremde Besucher

Gesamtanalyse der Gesundheitssituation der Schule

Das Gesundheitsplenum ist das Herzstück der Gesundheitsfördernden Schule. Hier werden wichtige Informationen über die gesundheitliche Situation der Schule aufbereitet.
Es werden Handlungsprioritäten gesetzt und konkrete Projekte angedacht. Das Plenum benennt auch die Arbeitsgruppen und sichert ihre personelle Besetzung ab. Es nimmt die Berichte der Arbeitsgruppen über den Fortgang der Projektentwicklung entgegen und entscheidet gemeinsam mit der Arbeitsgruppe über den weiteren Fortgang des Projekts.
Nach Abschluss des jeweiligen Projekts schlägt das Plenum bzw. der Runde Tisch der Schulkonferenz vor, ob das Projekt in den Schulalltag übernommen, also institutionalisiert werden soll oder nicht.
Die Arbeit des Plenums wird technisch und organisatorisch von dem Schulprojektteam betreut. Zur Unterstützung ihrer Arbeit kann es notwendig sein, eine externe Beratung hinzuzuziehen. Sie kann sicherstellen, dass alle am Runden Tisch versammelten Parteien ihre Anliegen und Ansichten in die Diskussion angemessen einbringen können. Dieses Prinzip stützt die Idee der Gesundheitsförderung, die Betroffene zu Beteiligten an einem Prozess machen will, der ihnen Selbstbestimmung über die Bedingungen ihrer Gesundheit ermöglichen will.

Definition der Stärken und Schwächen

Erst aus der Analyse der gruppenintern zusammengetragenen und den aus der Befragung des gesamten Systems extrahierten Stärken und Schwächen ergibt sich ein relativ vollständiges Bild über die Schule.
Während die Stärken die Kräfte symbolisieren, mit denen Sie die bevorstehenden Schwierigkeiten überwinden können, sind die Schwächen oder Defizite genau die Brennpunkte Ihrer zukünftigen Arbeit.
Die Kunst der erfolgreichen Projektarbeit besteht darin, aus den anstehenden Problemen, für die es in der Regel noch keine erprobten Lösungen gibt, Aufgaben zu machen, für die Sie auf bewährte Lösungsschritte zurückgreifen können. Hier gilt logischerweise das Gleiche, wie oben über die Situationsanalyse genannte.
Die Verdeutlichung der Stärken und Schwächen ist möglich z.B. über eine Kräftefeldanalyse und sollte auf einer Wandzeitung für das Gesundheitsplenum permanent sichtbar gemacht werden.

Problembeschreibung

Beschreiben Sie die zu erwartenden Probleme möglicht konkret und operationalisiert (also nicht: "Wir werden mit Widerstand bei einigen Kolleg(inn)en rechnen müssen!" sondern "Eine mögliche Veränderung des Stundenplans wird bei den Kolleg(inn)en nicht gern gesehen, die nicht mit der vollen Stundenzahl an unserer Schule sind, weil diese Veränderung evtl. eine Erhöhung der Springstunden mit sich bringt.").
Je genauer Probleme beschrieben sind, desto eher ergeben sich für die folgende Planung Ansatzpunkte für die Bearbeitung.
Mit "Problemen" sind aber nicht nur solche auf der sozialen Ebene gemeint, die in der Regel nur schwer anzugehen sind, da ihre Bearbeitung emotionale Kräfte freisetzen kann, sondern auch die (eher wertneutralen) Schwierigkeiten auf organisatorischer und sachlicher Ebene ("Wie können wir bei unserer beengten Raumsituation noch zusätzliche Kommunikationsräume schaffen?").
Ein Gesundheitsplenum nutzt für die Bearbeitung und Planung die Methoden der Zukunftswerkstatt. Die erste Phase der Zukunftswerkstatt, die Kritikphase, enthält viele Elemente, die für die Problembeschreibung sehr nützlich sind.

Festlegung auf zentrale Problemaspekte

Obwohl zu einer erfolgreichen Bearbeitung alle Problemaspekte gehören, ist es sinnvoll, diese der Reihe nach anzugehen. Bei der Reihenfolge sind einige Aspekte zu beachten, die die Chancen für einen Erfolg erhöhen:

  • Wählen Sie als ersten einen Problemaspekt, dessen Lösung relativ sicher ist (Erfolg motiviert!)
  • Wählen Sie, wenn möglich, dabei einen Aspekt, von dessen Veränderung möglichst viele Beteiligte profitieren.
  • Wählen Sie solche Problemaspekte aus, die sich wiederum positiv auf die Bearbeitung anderer Probleme auswirken (z.B. neue Voraussetzungen schaffen).
  • Informieren Sie die übrigen Schulmitglieder über Ihre Entscheidung.