Raumgestaltung

Die Umgestaltung des Schulbüros war bereits nach drei Monaten abgeschlossen. Sekretärinnen, Hausmeister, Schulleiterin und Kollegen hatten gemeinsam herausgefunden, dass der ständige "Durchgangsverkehr" im Schulbüro (Lehrer auf dem Weg zu ihren Postfächern, Schüler mit Fragen, Eltern mit Anliegen...) durch das Umstellen der Möbel und die Nutzung eines Nebenraumes leicht vom Schreibtisch der Schulsekretärin getrennt werden konnte, so dass ihr ein ruhigeres Arbeiten ermöglicht wurde.

Zur Farbgestaltung von Schulräumen arbeiteten Schülerinnen und Schüler zunächst im Kunstunterricht des Wahlpflichtbereiches Sek.I konzeptionell.

Sie machten Befragungen, welche farbliche Wirkung von Klassenräumen sich Schülerinnen und Schüler wünschen, setzten die Ergebnisse in Farbentwürfe um und nahmen damit erfolgreich an einem Wettbewerb zu "Lebens(t)räumen von Jugendlichen" teil.

Im zweiten Jahr strichen sie unter Anleitung des begleitenden Lehrers einzelne Räume und Flure nach dem Vorbild der Farbentwürfe und fanden dabei im Experiment Lösungen für praktische Schwierigkeiten (Schmutz abweisende Oberflächenlasierung? Ökonomische Gestaltung großer Flächen?..)
Der Bewegungsraum, der Entspannungsraum und der neu gestaltete Besprechungsraum werden erst nach Abschluss des Projektes fertig gestellt.

Hier werden die gewonnenen Erfahrungen mit Farbgestaltung exemplarisch angewendet. Diese Räume, die vielen verschiedenen Nutzer(inne)n zur Verfügung stehen, sollen ein Beispiel für gesundheitsfördernde Raumgestaltung sein.

Ihre Einweihung wollen wir nutzen, um die im Projekt entwickelten Prinzipien an andere interessierte Kollegen weiterzugeben.

Zwei 10. Klassen gründeten im Arbeitslehreunterricht die Firma "woodworm" und entwarfen, planten und bauten im Auftrag eines Jahrganges Tische und Stühle für den Jahrgangsflur, die neben den Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler auch die feuerpolizeilichen und reinigungstechnischen Auflagen berücksichtigten.

Notwendige bauliche Veränderungen (z.B. neue Fenster für den Bewegungsraum im Keller) übernahm das Bezirksamt und einige nötige handwerkliche Arbeiten konnten vom Hausmeister mit den laufenden Instandhaltungsarbeiten kostensparend gekoppelt werden.

Mehr Ruhe in den Schultag bringen

Die Entwicklungsgruppe "Rhythmisierung" hat die Bestandsaufnahme der Schule in Bezug auf "Zeitstress" gesichtet und dann eine Hamburger Gesamtschule besucht, die bereits eine neue Zeitstruktur für Pausen und Unterricht eingeführt hatte.

Aus diesen Erfahrungen hat die Gruppe einen Vorschlag erarbeitet, der auf die Verhältnisse an unserer Jahnschule zugeschnitten war und ihn zur Beratung in die Schulleitungsgruppe eingebracht.

Essenzials eines veränderten Tagesablaufs:

  • offener Einstieg am Morgen (zum Orientieren, Spielen, Klönen, Frühstücken, Koordinieren)
  • mehr Unterricht in größeren Zeiteinheiten (90min, weniger Lehrerwechsel, mehr Zeit zum selbstbestimmten Lernen..
  • längere Pausen zur Erholung und Abwechslung
  • ein gesundes, attraktives und günstiges Frühstücks- und Mittagessen-Angebot
  • angenehm gestaltete Aufenthaltsräume für Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte
  • interessante Mittagspausenangebote

Zur Vorbereitung der öffentlichen Diskussion hat die Schulleitung sich Prüfaufträge zur Realisierbarkeit des Konzepts erteilt.

Prüfaufträge der Schulleitung (Beispiele)

  • Ist ein Verzicht auf kleine Pausen organisatorisch möglich?
  • Unter welchen Bedingungen lassen sich Drei-Stunden-Fächer integrieren?
  • Wie verändern sich die Lehrer-Pläne?
  • Wie können Aufsichten angerechnet werden?
  • Welcher Lehrermehrbedarf entsteht? Welcher Bedarf an nichtpädagogischem Personal?
  • Welche Aufgaben können Schülerinnen und Schüler übernehmen?
  • Welche Räume können zusätzlich erschlossen werden?

Dies ist ein weiteres Beispiel, wie aus dem Projekt Impulse in die Arbeit der Schulleitungsgruppe hineingewirkt haben. Sie hat begonnen, sich Schulentwicklung als Bestandteil ihrer Leitungsarbeit anzueignen.

Die Bearbeitung der Prüfaufträge zeigte schnell, welche umfangreichen Voraussetzungen für die Einführung einer neuen Zeitstruktur mit z.B. offenem Beginn, längeren Pausen usw. geschaffen werden müssten. Sie zeigte aber auch, welche positiven Konsequenzen sie haben könnte:

Es entsteht Raum für andere Arbeitsformen im Unterricht, erhöht die Chancen auf eine verbesserte Kommunikation ohne ständige Hetze, bietet Aufgabenfelder für verantwortliches Handeln der Schülerinnen und Schüler an - es entstehen Strukturen für ein gesundheitsfördernderes Schulleben miteinander.

Bei der Information der Lehrkräfte über die Vorschläge der Entwicklungsgruppe und die Ergebnisse der Prüfaufträge entstand in einem Teil des Kollegiums erstmals ein Verständnis für die Qualität einer systematischen und langfristigen Schulentwicklungsarbeit.

Die Kolleginnen und Kollegen sahen plötzlich, dass die im neuen Hamburger Schulgesetz vorgesehene größere Autonomie der Jahnschule vielleicht neue, bisher unkonventionelle Wege eröffnet, um eine zusätzliche Ausstattung mit Personal und Einrichtungen zu "finanzieren".

Neben der konzeptionellen Arbeit der Entwicklungsgruppe "Rhythmisierung" arbeiteten andere kleine Vorhaben direkt daran, den Zeitstress für Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte zu mindern:

  • Eine Schülergruppe baute Schulfahrräder für Pendler zwischen den Standorten in einer Projektwoche zusammen.
  • In den 10. Klassen setzten die Schülerinnen und Schüler ein verbessertes und für sie durchschaubareres Verfahren zur Verteilung der Klassenarbeitstermine durch.
  • Zwei 5. Klassen hatten regelmäßig Yoga im Unterricht.
  • Für Kolleginnen und Kollegen gab es wöchentlich Yoga nach Schulschluss.

Die Initiativen sind inzwischen implementiert.

Kommunikation miteinander verbessern

Die Entwicklungsgruppe "Pädagogisches Forum" hat drei gut besuchte Abendveranstaltungen zu jeweils brisanten Schulthemen ("Leitziele der Jahnschule" - "Schule und Faschismus heute" - "Übergänge in die Gesamtschule") durchgeführt.

Aus einem dieser Foren ist inzwischen eine ganze Veranstaltungsreihe entstanden. Dabei hatte das Forum ein gutes Beispiel für eine gleichberechtigte Gesprächskultur geschaffen.

Eltern, Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte leiteten die Abendveranstaltungen gemeinsam. Auch in der Vorbereitung arbeiten sie zusammen, wenn auch die Lehrer dort durch ihren Informationsvorsprung immer noch eine zentrale Rolle einnehmen.

Auch die Projektberatungsgruppe trug in dieser Phase zum Entwicklungsthema Kommunikation bei: Aus dem Erlebnis der Schwierigkeiten in der Kooperation zwischen Eltern, Lehrkräften und Schülerinnen und Schüler (Informationsvorsprung der Lehrkräfte, schwankende Teilnahme der Schülerinnen und Schüler....) war das Bedürfnis entstanden, Möglichkeiten und Bedingungen der Beteiligung der verschiedenen Gruppierungen genauer zu betrachten.

Die Ergebnisse haben die Zusammenarbeit entspannt, weil Verständnis füreinander gewachsen war. Sie geben auch Impulse für die Zusammenarbeit von Schülerinnen und Schülern, Eltern, Lehrkräften und nichtpädagogischen Mitarbeitern in anderen Arbeitsbereichen der Schule.

Deshalb folgen einige Auszüge:

Die Voraussetzungen für Beteiligung sind für die einzelnen Gruppierungen sehr verschieden

  • Lehrkräfte arbeiten längerfristig, sie gewährleisten die Kontinuität, haben die meiste Verantwortung und sichern die Entwicklungsarbeit ab
  • Schülerinnen und Schüler durchlaufen die Jahrgangsstufen und verlassen dann die Schule, ihr Wissen geht für die Schule dann meist verloren
  • Eltern beteiligen sich anfangs intensiv an der Arbeit in der Schule (einige!) und verabschieden sich in der Oberstufe von der aktiven Teilnahme
  • die nichtpädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind häufig betroffen von Maßnahmen und Entwicklungen, aber selten beteiligt.

Beteiligung braucht Unterstützung

Schülerinnen und Schüler

  • Offenheit/Loyalität
  • Respekt und Interesse von den Erwachsenen
  • die Einsicht in die Nützlichkeit
  • Erfolgserlebnisse
  • das Durchschauen der Zusammenhänge

Eltern

  • viel Informationen (weil E. als einzige Gruppe nicht in der Schule sind)
  • direkte Ansprache und Einbeziehung von Lehrkräften besonders in konkrete Projekte
  • Möglichkeiten zum Einbringen der vielfältigen Kompetenzen, die Eltern haben (praktische Fähigkeiten, Kontakte, Wissen...)
  • Wissen darum, wo ich konkret Einfluss nehmen könnte und es erwünscht wäre

Nichtunterrichtende Mitarbeiter(innen)

  • Informationen über alle Vorgänge, die den eigenen Arbeitsplatz betreffen
  • rechtzeitig vorher einbezogen zu werden
  • auf Veränderungen im Arbeitsablauf Einfluss nehmen können
  • als Mitarbeiter(in) in meinem Umfeld auch namentlich bekannt sein

Lehrkräfte

  • Ich muss informiert sein und Zeit haben, mich hineinzudenken
  • Ich muss einen Nutzen für meine zukünftige Arbeit erkennen können
  • Einsicht in den Ablauf des Vorhabens
  • Beteiligungsmöglichkeiten in überschaubarem Rahmen
  • Erfahrung, dass ich Einfluss nehmen kann und etwas bewege

Die Besonderheiten der Schulstufen berücksichtigen.

Die Kooperation verbessert sich, wenn sie die Besonderheiten der Schulstufen berücksichtigt.

Klasse 5 bis 6:

In dieser Schulstufe geht es für die Schülerinnen und Schüler darum, Vertrauen in die Zusammenarbeit mit den Erwachsenen aufzubauen.

Die Mitwirkung an der Gestaltung der eigenen Schul- und Lebensräume ist deshalb eine gute Gelegenheit zur Erprobung miteinander.

Die Eltern sind hier sehr stark interessiert, sie wollen sich direkt beteiligen und auch praktisch zupacken.

Für die nichtunterrichtenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist es hier sehr wichtig, auch namentlich und persönlich bekannt zu sein. Man muss voneinander wissen, um sich zu respektieren. (Vorschlag: Fotowände auf den Fluren..).

Eine mögliche Form von Beteiligung wäre eine Hausversammlung, in der alle Gruppen vertreten sind.

Klasse 7 bis 10:

In dieser Stufe geht es für die Schülerinnen und Schüler um Auseinandersetzung und Identitätsfindung. Hier finden Konflikte untereinander und mit den Erwachsenen statt. Das merkt man nicht zuletzt am Schmutz. Die Schülerinnen und Schüler wünschen sich von den Erwachsenen hier Akzeptanz, sie wollen ernst genommen und gehört werden.

Die Elternbeteiligung wird mit zunehmendem Alter der Schülerinnen und Schüler immer weniger direkt gewünscht. Das findet seine Entsprechung darin, dass sich die Eltern der Mittelstufe stärker in den Schulgremien beteiligen.

Für die nichtunterrichtenden Mitarbeite-rinnen und Mitarbeiter ist es hier wichtig, auch mit den Grenzen ihrer Belastbarkeit gesehen zu werden. Das gilt sicher auch für Lehrkräfte.

In dieser Stufe gilt es, ein Forum für Auseinandersetzungen zu schaffen. Wir wissen noch nicht, wie das konkret aussehen kann.

Klasse 11 bis 13:

Die Zusammenarbeit zwischen Schülerinnen, Schülern und Lehrkräften wird freiwilliger, persönlicher und zum Teil intensiver. Man könnte jetzt den Unterricht auch gemeinsamer gestalten.

Für die Eltern bedeutet diese größere Selbstständigkeit der Schülerinnen und Schüler, dass sie sich fast ganz aus der schulischen Arbeit zurückziehen können.

Konfliktstoff in der Oberstufe ist der Umgang mit Zeit: Schwänzen und Zuspätkommen ist Dauerthema auf Konferenzen. Hierzu müsste ein Dialog miteinander geschaffen werden.

Die Projektberatungsgruppe hat dieses Wissen nicht in die Schule weitergeben können, weil ihr die strukturelle Verankerung dazu fehlte. Aus der Rückschau lässt sich die Vernetzung der Projektgruppen innerhalb der Schule mit den anderen Schulgremien als wichtiger nächster Entwicklungsschritt erkennen.

Angelika Ntschkowski in: Ulrich Barkholz u.a.: Gesundheitsförderung in der Schule. Ein Handbuch für Lehrerinnen und Lehrer. Soest 1998.